„Wir lieben den Marathon mit jeder Faser unseres Körpers“

„Wir lieben den Marathon mit jeder Faser unseres Körpers“

Anna und Lisa Hahner laufen gemeinsam aus Leidenschaft.

Über asphaltierte Straßen, durch den Wald, mal bergauf, mal bergab – für Anna und Lisa Hahner ist die perfekte Laufstrecke vor allem abwechslungsreich.

Wenn sie einen Marathon laufen, dann sind Anna und Lisa Hahner ganz in ihrer eigenen Welt. Sobald der Lauf begonnen hat, nehmen sie nur wenig um sich herum wahr und sind hoch konzentriert. Das einzige Ziel ist, den Lauf erfolgreich und in Bestzeit zu finishen. Im Training sind dann ganz andere Dinge wichtig: Da wollen die Zwillinge Abwechslung und neue Perspektiven erleben.

Den eigenen Fähigkeiten vertrauen

„Wir laufen auch mal bewusst rückwärts im Training, das bauen wir einfach in unseren normalen Dauerlauf ein und beanspruchen so ganz nebenbei mal andere Muskelgruppen“, erzählt Anna. „Gleichzeitig ist das auch ein mentales Training. Du musst dir selbst und deinen Fähigkeiten vertrauen, wenn du nicht siehst, wohin du läufst. Du schaust nach hinten, siehst, dass der Weg frei ist, und dann läufst du.“ Einfach und doch effektiv – so leicht kann man im Training die Perspektive wechseln und die Abwechslung steigern.

Du siehst, dass der Weg frei ist, und dann läufst du.

Genauso wichtig ist auch eine Trainingsstrecke mit ganz unterschiedlichen Herausforderungen. Asphalt gehört für die beiden natürlich dazu, aber sie laufen zum Beispiel auch im Wald. „Wir nutzen die Waldläufe, um Steigungen zu trainieren und dann bergab richtig Gas zu geben.“ Außerdem ist der Waldboden weich, und durch die unebenen Wege über Steine und Wurzeln werden alternative Muskelgruppen trainiert.

Regelmäßig bauen sie Treppen in ihr Training ein, so wird die Schrittlänge vorgegeben, der Körper muss also die entsprechenden Kraftreserven aktivieren. Das macht für den Kopf Spaß, weil es immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt. Und der Körper wird bei einem so abwechslungsreichen Training jedes Mal durch neue Reize gefordert, und man wird schneller und besser.

Sportlicher Höhepunkt

Ihre Lieblingsdistanz, der Marathon, führt die Zwillinge zu den unterschiedlichsten Orten und spannendsten Wettkampfstrecken. Ein echter Höhepunkt ihrer Laufkarriere war für Anna und Lisa aber ganz sicher der Lauf bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio. Für diesen Wettkampf haben sie jahrelang trainiert, es war ihr bislang größter sportlicher Moment.

Den Wettkampf nicht zu finishen ist keine Option.

Trotzdem war am Ende nicht alles so, wie sie es sich erträumt haben. „Es war ein rabenschwarzer Tag. Als Athletin will man einfach immer die beste Leistung bringen, und wenn es dann genau an dem Tag, an dem es wirklich drauf ankommt, einfach nicht läuft, dann ist das natürlich sehr frustrierend“, sagt Lisa rückblickend.

Anna hatte bereits ein Jahr vor Rio eine gereizte Sehne, die sie nicht rechtzeitig auskuriert hat. Nach dem olympischen Marathon zahlte sie dafür die Rechnung: Sie musste viereinhalb Monate pausieren, durfte keinen Schritt tun. Trotzdem habe sie positive Momente und ein paar sehr wichtige Erkenntnisse aus dieser Zeit mitgenommen, erzählt die Läuferin: „Man muss auf seinen Körper hören und auf seine Gesundheit achten. Wenn man etwas zu sehr und zu verkrampft will, funktioniert es nicht. Man braucht Ruhe und Gelassenheit, mit einer Portion Leichtigkeit läuft alles besser. Die ist uns vor Olympia leider abhandengekommen.“

Mit einer Portion Leichtigkeit läuft alles besser.

Das nächste Ziel im Blick

Jetzt blicken die Zwillinge motiviert nach vorn und trainieren noch vielseitiger. Eine typische Trainingswoche besteht bei ihnen aus rund 14 Ausdauereinheiten, das können zum Beispiel Kombinationen sein aus einer Laufeinheit am Tag und Radfahren, Schwimmen, Krafttraining oder Koordinationsübungen, für die sie gerne auf die Slackline gehen, mit dem TRX trainieren oder Yoga üben.

Für 2017 ist der Herbstmarathon das große Ziel, vor allem Anna motiviert er nach ihrer Verletzung besonders. Ihre Bestzeit liegt bei 2:26:44, Lisas bei 2:28:39 – und diese Zeiten wollen sie auch mindestens wieder erreichen. „Wir wissen ja beide, wie genial sich das angefühlt hat, bei dieser Zeit über die Ziellinie zu laufen. Das wollen wir natürlich im Herbst noch mal erleben“, sagt Anna.