
„Das bringt mich weiter“
Marathonläuferin Lisa Hahner stimmt ihre Laufstrecke perfekt auf ihr Trainingsziel ab.
Lisa Hahner findet überall ihren #myperfecttrail. Wichtig ist für sie vor allem, dass die Strecke sie ideal auf den nächsten Marathon vorbereitet.
Lisa, wie sieht eine typische Trainingswoche bei dir aus, worauf liegt der Fokus, und was machst du noch ergänzend?
Üblicherweise trainiere ich zwei Ausdauereinheiten am Tag, das kann zweimal Laufen sein oder auch kombiniert mit Radfahren oder Schwimmen. Dazu kommen zwei bis drei Krafteinheiten, die intensiv oder mit einem Fokus auf Dehnung gestaltet sein können. Für die Koordination gehe ich auf die Slackline oder spiele auch mal Fußball, das mache ich total gerne.
Auf wie viele Kilometer kommst du in einer Trainingswoche?
In der direkten Marathonvorbereitung laufe ich in Spitzenwochen bis zu 200 Kilometer. Einzelne Läufe liegen dann bei bis zu 45 Kilometern, also einen Tick über Marathondistanz. Dafür gönne ich mir dann auch mal einen freien Nachmittag, und es gibt Tage, an denen ich auch nur 20 Kilometer laufe. Trotzdem ist ganz klar: Der Fokus liegt auf dem Laufen, das weitere Training wird etwas herunter priorisiert.
Wie gestaltest du deine Laufeinheiten konkret?
Ich kombiniere Schnelligkeit mit Ausdauer, laufe Sprinteinheiten von 100 Metern und Intervalle, die maximal fünf Kilometer lang sind. Dazu kommen kurze Läufe von zehn Kilometern und natürlich die langen Marathon-spezifischen Läufe über 30 Kilometer.

Wie sieht deine perfekte Trainingslaufstrecke aus?
Das hängt für mich immer davon ab, was ich gerade trainieren und damit erreichen möchte. Will ich möglichst konstant und schnell laufen, wähle ich eine asphaltierte Strecke. Wenn ich aber in der Trainingseinheit verschiedene Reize setzen möchte, wähle ich eine hügelige Strecke, am besten mit unterschiedlichen Untergründen.
Welche Trainingsreize setzt du?
Auf kurvigen Strecken übe ich zum Beispiel die Antritte, oder ich bringe mich selbst aus dem Rhythmus und übe, ihn dann so schnell wie möglich wieder zu finden.
Trainingsstrecken mit langen Geraden können eine Herausforderung sein, weil die Fixpunkte fehlen. Man ist quasi alleine mit der Strecke und muss versuchen, den Kopf auszuschalten und gleichzeitig fokussiert zu bleiben. Das gleichmäßige Laufen steht dann im Mittelpunkt, auch das ist reizvoll.
Mein Wettkampf findet auf Asphalt statt.
Wie sieht es mit verschiedenen Untergründen aus: Wonach wählst du aus, welcher der passende für die jeweilige Trainingseinheit ist?
Meine Hauptstrecke ist der Marathon, mein Wettkampf findet auf Asphalt statt. Läufe auf der Straße sind deshalb natürlich ein großer Baustein in meinem Training. Trotzdem suche ich die Abwechslung. Der Untergrund gibt sozusagen den Trainingsreiz vor, die Landschaft bestimmt das Tempo. Man muss den Körper vielseitig fordern, um immer wieder Anpassungsreaktionen hervorzurufen.

Ändern sich deine Laufstrecken je nach Trainingslevel, Fitnessstand oder Saisonverlauf?
Je spezifischer mein Training auf einen Marathon ausgerichtet ist, desto lieber laufe ich Strecken, die ich genau planen kann. Die Distanzen liegen dann bei 35 Kilometern oder mehr – auch mal Marathondistanz. Nach einem großen Wettkampf schalte ich eher wieder in den Freestyle-Modus. Dann laufe ich spontaner, ohne vorher genau zu wissen, welche Distanz ich laufe und vor allem, wohin der Weg mich führt. Meistens liege ich dann bei 20 Kilometern.
Ist es schon einmal vorgekommen, dass deine Trainingsstrecke zu anspruchsvoll war?
Das gibt es tatsächlich manchmal! Wenn ich einfach draufloslaufe, keine Ahnung habe, wie das Streckenprofil genau aussieht, dann kann es schon passieren, dass ich danach denke: „Wow, das war jetzt aber ganz schön bergig!“ Aber ich sage mir dann: „Alles ist für irgendetwas gut.“ Und so passt es dann doch immer gut ins Training – ich gleiche solche Einheiten dann einfach in den nächsten Tagen aus. Man muss sich mit der Strecke immer anfreunden. Denkt nie: „Oh nein, jetzt ist es so“, sondern sieh es als Herausforderung, denk besser: „Okay, das bringt mich weiter“ und mach das Beste daraus.
Das Gefühl, das ich beim Laufen habe, macht die Faszination der Strecke aus.
Bestimmt hast du auch ganz konkrete Lieblingsstrecken. Welche sind das?
Ich habe mehrere Lieblingsstrecken. Eine davon habe ich in Kenia gefunden, ein traumhaftes Naturerlebnis. Man läuft an einem kleinen See entlang, die Strecke ist sehr wellig und bergig. Ich bin dort schon öfter gelaufen und verbinde einfach gute Erinnerungen mit der Strecke. Deshalb macht das Gefühl, das ich beim Laufen habe, die Faszination der Strecke aus.
Eine andere Lieblingsstrecke ist daheim bei meiner Familie. Eine Runde, auf der ich jeden Stein kenne. Ich weiß genau, hier bin ich bei 1,5 Kilometern, oder: bis hierhin habe ich 17 Minuten gebraucht. Ich sehe, was es Neues gibt, was los ist im Dorf und was sich verändert hat seit dem letzten Mal. Das ist schon was ganz Besonderes, da fühle ich mich dann richtig zu Hause. Das ist #myperfecttrail.
Wie weit kann mein Körper gehen, wie weit können mich meine Beine tragen?
Hast du Pläne, auch noch einen draufzusetzen, Stichwort: deine längste Laufstrecke?
Ich dachte früher immer: 42,195 Kilometer und keinen Schritt mehr. Irgendwann hat mein Trainer dann aber auch mal 45 Kilometer aufgerufen – und dann bin ich das gelaufen. Ich denke, das ist alles Kopfsache. Du brauchst die richtige Einstellung.
Momentan sind mehr als 45 Kilometer nicht notwendig, aber es würde mich schon reizen, meine Grenzen zu pushen: Wie weit kann mein Körper gehen, wie weit können mich meine Beine tragen? Das will ich schon herausfinden, zum Beispiel bei Trailwettkämpfen, da würden es wahrscheinlich auch mal 60 oder sogar 80 Kilometer werden. Aber das liegt noch in ferner Zukunft.